Epigenetik
Die Epigenetik ist ein relativ neues Spezialgebiet in der Biologie. Sie befasst sich mit ungewöhnlichen Vererbungsmustern bzw. ungewöhnlichen Mustern der Proteinexpression.
„Dicke Mäuse versus dünne Mäuse"
Anhand des Mäusebeispiels will ich die Epigenetik erläutern. Unter Epigenetik kann man sich einen Code vorstellen, der über dem der DNA steht. So ist alles Grundlegende in der DNA festgeschrieben, doch scheint es möglich, dies zu modifizieren oder umzuschreiben.
Welche Eigenschaften auf Tochterzellen vererbt werden, ist also nicht nur von der DNA-Sequenz abhängig. Chromosomen oder einzelne Gene können in ihrer Aktivität deutlich beeinflusst werden. Dies wird als epigenetische Prägung bezeichnet. Die DNA-Sequenz bleibt erhalten, aber modifiziert und dadurch stillgelegt (DNA-Methylierung oder Veränderung der Histone).
Mäuse mit dem Agouti-Gen sind gelb und sehr dick! Diese Eigenschaft vererbt sich ebenfalls auf die Nachkommen, es sei denn, man füttert die Mäusemutter während der Schwangerschaft mit speziellen Vitamintabletten (B12) und Cholin. Die Nachkommen sind dünn und ihr Fell ist braun, nicht mehr gelb.
Das Agouti-Gen war abgeschaltet worden! Im Erbgut immer noch vorhanden, bleibt es bei der Embryogenese offensichtlich unberücksichtigt!
Warum?
Wir erhalten von unseren Eltern nicht nur DNA. Wir erhalten komplette Chromosomen. Diese sind von Proteinen (Histonen) umgeben. Auch diese werden weitergegeben. So kann weit mehr Information von Eltern auf Nachkommen übertragen werden, als bisher angenommen wurde.
Merke
Vererbung ist mehr als nur DNA!
Genomic imprinting oder genomische Prägung
Wie ein Merkmal in den Nachkommen ausgeprägt wird, kann davon abhängig sein, von welchem Elternteil das Allel weitervererbt wurde. So ist bei diesen „geprägten" Genen nur ein Allel aktiv.
Beispiel
Beispiele für genomic imprinting
Das Prader-Willi-Syndrom und das Angelman-Syndrom sind beides autosomal rezessiv vererbte Krankheiten. Beide beruhen auf einer Mutation an identischer Position auf Chromosom 15. Nun ist es entscheidend, ob das Allel von der Mutter oder vom Vater weitergegeben wurde!
- Prader-Willi-Syndrom:
- Deletion 15q11.2>q13 am väterlichen Chromosom 15
- Symptome: Muskelhypotonie im Neugeborenenalter, Probleme beim Schlucken im Neugeborenenalter, Hypogonadismus, Tendenz zu Fettleibigkeit, Minderwuchs, IQ reduziert (ca. 50), Häufigkeit 1:25.000
- Angelmann-Syndrom (happy puppet syndrome)
- Deletion 15q11.2>q13 am mütterlichen Chromosom 15
- Symptome: schwere psychosomatische Retardierung, Sprachprobleme, unkoordinierte Bewegungen, unangemessenes Lachen, Abnormitäten im EEG, Häufigkeit 1:20.000
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