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Le Siècle des Lumières (XVIIIe siècle)

Entwicklung des französischen Theaters (Développement du théâtre francais)

La raison et la vertu

Der Epochenbegriff "Siècle des Lumières" (dt. Aufklärung) charakterisiert die Texte und literarischen Entwicklungen des 18. Jahrhunderts und steht zugleich für eine gesamteuropäische ideengeschichtliche Bewegung.

Hinweis

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Einer der bekanntesten deutschen Aufklärer war Immanuel Kant. Ihm verdanken wir den Leitspruch der Aufklärung:

"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung."

aus: Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? in: Berlinische Monatsschrift, 1784, H. 12.

Auch die französische Aufklärung verbreitet Ideale wie Freiheit und Gleicheit des Menschen, Autonomie und Würde des Individuums und seinem Recht auf Selbstbestimmung. Entsprechend bröckelt die Souveränität und das Ansehen der Monarchie sowie der Kirche. Es entsteht eine kulturelle und später auch politische Öffentlichkeit (le public), die ihr Glück im Diesseits sucht.

Merke

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Das neuartige Welt- und Menschenbild etabliert einschneidende kulturelle und literarische Modernisierungsprozesse. Aus diesem Grund wird die Aufklärung auch das Beginn der Moderne betrachtet.

In vielerlei Hinsicht kann die Aufklärung als Umbruch bezeichnet werden. Das sah auch einer der größten französischen Aufklärer Jean Jaques Rousseau ähnlich:

C'est un grand et beau spectacle de voir l'homme sortir en quelque manière du néant par ses propres efforts; dissiper, par les lumières de sa raison, les ténèbres dans lesquelles la nature l'avoit enveloppé; s'élever au-dessus de lui-même; s'élancer par l'esprit jusque dans les régions célestes; parcourir à pas de géant, ainsi que le soleil, la vaste étendue de l'univers, et ce qui es encore plus grand et plus difficile, rentrer en soi pour y étudier l'homme et connoître sa nature, ses devoirs et sa fin.

(aus: Discours sur les sciences et les arts)

Jean Jaques Rousseau
Jean Jaques Rousseau

La querelle entre les anciens et les modernes

Leitbegriffe, Themen, Ideen und Werte

Die Aufklärung als kulturelle und somit auch literarische Bewegung verbindet den Kampf gegen Vorurteile, tradierte Normen und Denkstrukturen mit der Suche nach einer auf Vernunft gründenden Erkenntnis.

Raison et progrès

Wie Dir bereits aufgefallen sein sollte, ist die wohl bedeutenste aufklärerische Metapher der Begriff Lumières. Er benennt einen Fortschritt und Zuwachs an Erkenntnis und Wissen, der durch den kritischen Gebrauch der Vernunft erlangt wird.

Die Ratio, also die Vernunft, wird hier symbolisch als Lichträger gebraucht. Der Ausdruck Siècle des Lumières umfasst den Umbruch dieser Zeit symbolisch als Sieg der Vernunft über eine durch Unwissenheit, Fanatismus, Vorurteile und Unterdrückung geprägte "Dunkelheit" vergangener Epochen.

Merke

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Das grundlegenede Programm der vernunftgestützten Aufklärung ist es, das Wissen zu mehren und den Fortschritt in Erkenntnis, Moral und Gesellschaft voranzutreiben, indem das kulturelle Wissen der Zeit einem möglichst breiten Publikum zur Verfügung gestellt wird.

Le théâtre

In der Umbruchszeit der Aufklärung stellt die Literatur ein Medium dar, das Bestandteil bedeutender kultureller und gesellschaftlicher Prozesse ist. Durch die Literatur sollen aufklärerische Kritik und Ideen verbreitet und vermittelt sowie die Leser moralisch erzogen werden. Wir haben es also mit einer wirkungsorientierten Auffassung von Literatur zu tun.

Das Theater entwickelt sich zu einem Instrument der Erziehung. Ihm wird ein hohes Moralisierungspotenzial zugeschrieben. Indem es beispielhaft vorführt, wie die Tugend gewinnt und das Laster verliert, trägt es zum gesellschaftlichen Fortschritt bei. Das Theater erfasst immer mehr gesellschaftliche Schichten. Die Anzahl der Theatergruppen, -aufführungen sowie -besuche steigt nicht nur in der Stadt sondern auch in der Provinz.

Literatur und insbesondere das Theater avancieren zur Schule der vertu.

Voltaire

In der ersten Jahrhunderthälfte sind vor allem die Tragödien François-Marie Arouets, besser bekannt als Voltaire, ein Ort der philosophischen Auseinandersetzung, aufklärerischer Kritik und lehrhafter Moral. Dieser bleibt zunächst der klassizistischen Regelpoetik (Versform, fünf Akte, Einheit von Ort, Zeit und Handlung) treu, erweitert die Gattung allerdings weiter, indem er Stoffe aus der französischen Geschichte wählt, die Handlung an exotische Ort verlegt und die Wirkung seiner Stücke eher mit Gefühlen und Emotionen versieht, mit denen sich jeder identifizieren kann. Die raison wird in Teilen durch cœur und sentiment ergänzt.

Beispiel

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Zaïre - Voltaire (1732)

Marivaux

Die Theaterstücke des Schriftstellers Pierre Carlet de Marivaux rücken nun von der Molièrschen Tradition der Komödie ab und widmen sich der psychologischen Analyse der Menschen. Viele seiner Komödien thematisieren den Prozess und die Entstehung der Liebe. Entscheidend für Marivaux sind die Vorgänge, die im Inneren der Figuren stattfinden, die zumeist jung und liebesunerfahren sind. Marivaux setzt verliebte Protagonisten in Szene, deren Fehlverhalten vor allem aus der Unkenntnis ihrer eigenen problematischen psychischen Veranlagung resultiert. Das dénouement wird stattdessen durch einen langwierigen Prozess der Selbsterkenntnis und -identifikation erreicht, der durch die Versprachlichung innerer Bewegungen erzielt wird. Sprache funktioniert hier also nicht als Kommunikationsmittel, sondern deckt ihre eigene Unzulänglichkeit auf. Im Zuge der Anerkennung Marivauxs etablierte sich dahingehend der Begriff marivaudage.

Beispiel

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La surprise de l'amour - Marivaux (1722/23)

Le jeu de l'amour et du hasard - Marivaux (1730)

Diderot

Denis Diderot hingegen entwickelte um die Jahrhundertmitte eine neue Theatergattung, das drame bourgois. Sie beinhaltet noch stärkere aufklärerisch-moralische Ziele, als es bereits die Tragödie zu formulieren vermochte. Die drame (dt. bürgerliche Trauerspiel) ist zwischen der Tragödie und der Komödie angesiedelt und soll zugleich unterhalten und moralisieren. Nach Diderot sollte das Theater Themen behandeln, wie sie im alltäglichen Leben vorkamen, und von den gewöhnlichen, gleichsam "privaten" Gefühlen der Menschen ausgehen, um so eine Erneuerung der dramatischen Kunst zu erreichen. Die Figuren und der Konflikt sind aus der Lebenswelt des Bürgertums entnommen und vertreten hingegen aller Annahmen tugendhafte Personen. Durch die Aufhebung der Ständeklausel will Diderot dem Publikum ermöglichen, sich identifizieren zu können.

Beispiel

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Le fils naturel ou Les épreuvres de la vertu - Diderot (1757)

Le Père de famille - Diderot (1758)

Beaumarchais

Auch Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais betont in seinem Essai sur le genre dramatique sérieux die belehrende Funktion des Theaters. In seinen Werken steht das gesellschaftskritische Element noch stärker im Vordergrund als bspw. bei Diderot. In ihnen geht es um die Verwirklichung des eigenen Glücks gegen gesellschaftliche Normen und Vorurteile. Sie legen die moralische Fragwürdigkeit der Aristokratie und ihrer durch Geburt begründeten Privilegien offen. Beaumarchais Le mariage de Figaro (im Übrigen ein dreiteiliges Werk) etablierte sich aus diesem Grund zum Vorläufer der Französischen Revolution von 1789.

Beispiel

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Barbier de Séville ou la précaution inutile - Beaumarchais (1775)

La folle journée ou le mariage de Figaro - Beaumarchais (1785)

L'autre Tartuffe ou la mère coupable - Beaumarchais (1790/91)

Merke

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Das Theater führt auch nach 1750 die Tendenzen der ersten Jahrhunderthälfte fort, indem die klassizistische Dramenform weiterhin Anwendung findet.

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