abiweb
online lernen

Die perfekte Abiturvorbereitung

Le siècle classique (XVIIe au XVIIIe siècle)

Entwicklung des französischen Theaters (Développement du théâtre francais)

Entre baroque et siècle classique

Kennzeichnend für den Zeitraum von 1598 und ca. 1715 sind zwei gegensätzliche Strömungen, auch bekannt unter den Epochenbegriffen Barock (le baroque) und Klassik (le classicisme). Beiden galt in Frankreich gleichermaßen hohe Aufmerksamkeit.

Letztendlich sind Klassik und Barock ein künstlerischer Ausdruck für unterschiedliche gesellschaftliche Interessen. Die Gleichzeitigkeit der Strömungen entspricht der Konkurrenz sich widerstreitender Ideologien und gesellschaftlicher Konflikte. Somit existieren vielfältige Stile, Formen und Themen innerhalb der Literatur.

Merke

Hier klicken zum Ausklappen

Allgemein kann jedoch festgehalten werden, dass das Theater die beherrschende Gattung der Zeit ist.

La tentation baroque

Das barocke Drama zeichnet sich insbesondere formal durch seine Regellosigkeit und die Individualisierung des Schreibens aus. Schriftsteller wie Théophile de Viau wandten sich von den Idealvorstellungen der Antike ab und machten stattdessen den Bezug zur Gegenwart zum Hauptmerkmal ihrer Dichtung. Dahinter verbarg sich die Annahme, dass die eigene Gegenwart der Antike überlegen sei. Hierin spiegelt sich bereits der Fortschritt der Moderne, der später in der Literatur zum Ausdruck kommen soll.

Poetologischen Regeln und Normen wurden teilweise oder sogar vollständig abgelehnt, da man sie als Einengung des Dichters interpretierte. Stattdessen zog man eine regellose Ästhetik vor, für die man sich an Vorbildern aus der italienischen und spanischen Barockliteratur orientierte.

Auch Ansätze eines religionskritischen Denkens, als kritisch modernes Verständnis, ließen sich hier bereits ausmachen und spiegelten sich in moralisch und ideologisch anstößige Helden wider.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Pyrame et Thisbé - Théophile de Viau (1621)

Le siècle classique

Der Klassizismus (le classicisme) ist der zentrale Begriff in der französischen Literaturgeschichtsschreibung des 17. Jahrhunderts. Er bezeichnet die vorbildhafte Bedeutung von aus der Antike übernommenen Modellen und Dichtungslehren, die bereits im vorherigen Kapitel Anklang gefunden haben.

Die klassizistische Regelpoetik ist stark orientiert an der Aristotelischen "Poetik", ein Buch, das sich mit der Dichtkunst und deren Gattungen beschäftigt. Die klassizistische Dichtungslehre begründet ihre Eigenständigkeit in der Verpflichtung der Anwendung ästhetischer Prinzipien und moralischer Regeln.

Ab 1630 entstehen zwei unterschiedliche Epochenbegriffe: le classicisme Richelieu und le classicisme Louis XIV

Le classicisme Richelieu

Richelieu
Richelieu

 

Kardinal Richelieu (1585-1642) inszenierte öffentlich seine ganz eigene Literaturpolitik, da er in der Literatur selbst die Möglichkeit erblickte, damit gesellschaftliche Ordnungsmechanismen darstellen zu können. Hinter dieser Ansicht verbarg sich nichts anderes, als die Annahme, dass Literatur ein Mittel zur politischen Propaganda sei.

Richelieu versuchte vor allem mit der Gründung der Académie française (1635), die Regelpoetik zu einer Leitlinie des literarischen Schaffens zu machen. Er förderte unter anderem verschiedene Schriftsteller und beauftragte diese sogar mit dem Entwurf eines mustergültigen regelgerechten Dramas.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

L'illusion comique - Pierre Corneille (1636)

Le classicisme Louis XIV

Louis XIV
Louis XIV

 

Nach dem Tod Richelieus, in der Periode von 1660-1680/85 etablierte sich ein ästhetisches und ethisches Ideal, das die gesellschaftlichen Umgangsformen und die Literatur des classicisme Louis XIV nachhaltig prägte. Die Literatur dient nun nicht mehr politischen Zwecken, sondern zeigt das Individuum in den Zwängen der höfischen Gesellschaft.

Gemeinsam mit gehobenen bürgerlichen Schichten - Kaufleuten, Händlern, Beamten und Gelehrten - bildete der politisch vom Monarchen domestizierte Adel das Publikum dieser Phase (le cour et la ville: der Hof und die Stadt, das heißt: das gehobene Beamten- und Bürgertum).

Dessen Verlauf entsprang der Begriff honnêteté, der aus dem zunehmenden Ansehensverlust des Adels resultierte, denn das Bürgertum gewann zunehmend an Bedeutung. Honnêteté meint ein ständeübergreifendes Persönlichkeitsideal, das zur Aussöhnung des Widerspruches zwischen Adel- und gemeinen Bürgertum dient. Er meint primär Anstand, Schicklichkeit und Rechtschaffenheit. Der honnête homme zeichnet sich insbesondere durch Eigenschaften wie Selbstkontrolle, Mäßigung, Verzicht auf Individualität sowie dem Verständnis von/ für Kunst und Konversation aus. Es handelt sich dabei um ein erlernbares Ideal, das insbesondere für alle Vertreter der höfischen Gesellschaft unter Louis XIV verbindlich wurde.

Das Leitbild der honnêteté bringt Jean Ogier de Gombauld schließlich in seinen Werken Conversations (1668) und Discours (1671-77) auf den Punkt: "Der ›honnête homme‹ muss jetzt in der Lage sein, sich allen Situationen und Milieus anzupassen, allzeit über jeden Gegenstand gefällig plaudern; er ist weder Spezialist noch Pedant; sein Ziel ist eine dilettantische Bildung [...]. Mit diesem Porträt des unendlicher Anpassung fähigen Höflings entwirft [Gombauld] das Bild eines gänzlich gesellschaftlichen Individuums." (Grimm, Jürgen (Hrsg.): Französische Literaturgeschichte, Stuttgart: J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag 2006, S.169.)

Vertiefung

Hier klicken zum Ausklappen
La doctrine classqiue

Die als doctrine classique (klassische Kunstlehre) zusammengefassten Normen finden sich beispielhaft in Nicolas Boileaus Werk Art poétique von 1674 versammelt. Diese aus der Antike abgeleiteten Dichtungsregeln schreiben dem Drama spezifisch poetische Regeln zu, die es zu erfüllen hat.

Das oberste Ziel der schriftstellerischen Tätigkeit bildete nach Boileau die utilité:

1. Drei Einheiten von Zeit, Ort und Handlung (la règle des trois unités)

2. Die dargestellte Handlung hat den Gesetzen der vraisemblance, der Wahrscheinlichkeit, zu genügen und die Natur nachzubilden. Es handelt sich dabei um eine von allem Häßlichen und Unedlen gereinigte und somit stilisierte Natur.

3. Hinter dem Gebot der bienséance verbirgt sich die Forderung nach Darstellung dessen, was vor allem die höfische Gesellschaft im 17. Jahrhundert als angemessen und "schicklich" empfand. Vergnügen am Dargestellten und Rührung über die miterlebten Schicksale sollten eine sittliche Besserung bewirken und das Theater zur Schule der honnêteté (Rechtschaffenheit, Anständigkeit) umfunktionieren.

4. Auch die Sprache sollte dem als bon usage, dem sogenannten "guten Gebrauch" entsprechen.

Insgesamt handelt es sich um eine restriktive (eingeschränkte) Regelpoetik, die zudem ein politisches wie moralisches Kalkül verfolgte. Durch ästhetisches Vergnügen (plaire) und emotionale Rührung (toucher) soll das Kunstwerk zur sittlichen Erziehung des Menschen beitragen (instruire).

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Phèdre - Jean Racine (1677)

Theater des 17. Jahrhunderts
Theater des 17. Jahrhunderts

Résumé

Merke

Hier klicken zum Ausklappen

Die barocke und klassizistische Form des Schreibens gehen im Verlauf ineinander über.

Gemeinsam ist beiden Tendenzen, dass sie in unterschiedlicher Weise zu einer Entwicklung beitragen, in der die Literatur zu einer Form der Textproduktion aufsteigt, die sich von anderen kulturell relevanten Texten abhebt. Diese Prozesse der Modernisierung der Literatur entfalten sich im 17. Jahrhundert vor allem durch die Entstehung erster Orte einer literarischen Öffentlichkeit (Theater). Sie tragen in unterschiedlicher Weise dazu bei, dass sich beim Publikum wie bei den Autoren ein Bewusstsein von der Eigenständigkeit der Literatur entwickelt, das die Grundlage für ein Verständnis der Moderne schafft.