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offenes und geschlossenes Drama

theoretische Grundlagen (savoir théorique) / Handlung (l'action)

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Die Französische Klassik besinnt sich auf das antike Drama und legt strenge Regeln in der sogenannten doctrine classique (Regeldrama) fest. Man spricht in diesem Sinn gerne von einem geschlossenen Drama, da es dieser spezifischen Regelpoetik folgt bzw. folgen musste.

Konzeption eines geschlossenen Dramas

Ein in sich geschlossenes Konzept eines Dramas kannte bereits Aristoteles. Die folgende Graphik zeigt den idealtypischen Handlungsverlauf einer klassischen Tragödie, die auf Gustav Freytag zurückzuführen ist.

La poetique d'Aristote
La poetique d'Aristote

 

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Die Abfolge der einzelnen Akte entspricht der Entwicklung des Handlungsverlaufs.

Nun eine stichpunktartige Auflistung welche Merkmale für die jeweiligen Handlungseinheiten typisch sind:

Einleitung (l'exposition): Informationen über Hintergründe und Voraussetzungen der dargestellten Handlung, die für das Verständnis der Gesamthandlung notwendig sind. Die wichtigsten Figuren werden vorgestellt.

erregendes Moment (le nœud dramatique): Wichtiges Ereignis oder bedeutsame Entscheidung des Protagonisten. Die Spannung wird langsam aufgebaut bzw. der Konflikt wird in Gang gebracht.

Höhepunkt/ Umkehr (la péripetie): Verkehrung der Situation in ihr Gegenteil; Erkenntnis des Verhängnisvollen und Umschlagen der Handlung.

retardierender Moment: verlangsamt die Lösung des Moments; Ereignis oder Entschluss, die keine Auflösung der Tragödie hin zu einem guten Ende zulassen

Katastrophe (le dénouement):

  • Tragödie = Untergang des Helden als Lösung des Konflikts
  • Komödie = Auflösung des Missverständnisses und glückliches Ende

Entsprechend gerafft stellt sich das Ganze im Dreiaktschema dar. Der erste Akt führt in den Konflikt ein, der zweite Akt zeigt den Höhepunkt und der dritte Akt widmet sich der Lösung.

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In der Realität setzt sich die Handlungsentwicklung vielmehr aus einer ganzen Reihe "kleinerer" Peripetien zusammen, die für einen kontinuierlichen Wechsel der dramatischen Spannung sorgen.

Die klassizistische Regelpoetik (la doctrine classique)

Französische Dramen wurden innerhalb der Französischen Klassik stark durch Strukturmerkmale antiker Dramen geprägt. Diese ist als klassizistische Regelpoetik bekannt.

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Eine auf Geschlossenheit und Symmetrie beruhende Bauform des Stückes wurde zum Ideal erhoben.

Die Handlung der Tragödie sollte nicht nur den Ansprüchen der Wahrscheinlichkeit (vraisemblance) und Schicklichtkeit (bienséance) entsprechen, sondern ein in sich geschlossenes Gesamtbild liefern.

Dazu bedarf es:

  • eines ausgewogenen, aber stringenten Dramenaufbaus (vgl. Aufbau s.o.),
  • einer überschaubaren und durchgängigen Figurenkonstellation,
  • einer übergeordneten thematischen Einheitlichkeit des Stückes
  • sowie sprachlicher Stimmigkeit.

La règle des trois unités

Neben dem idealtypischen Handlungsverlauf in Pyramidenform etablierte bereits Aristoteles die Forderung nach der Einheit von Ort, Zeit und Handlung.

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Gemäß der Forderung nach Einhaltung der drei Einheiten sollten Zeit, Raum und Handlung eines Dramas einheitlich bleiben. Das bedeutet, dass Zeitsprünge, Ortsveränderungen und Nebenhandlungen ausgeschlossen waren.

Man nennt diese Form seit Gustav Freytag auch geschlossenes Drama.

Die Handlung (unité de l'action) der Tragödie konzentriert sich auf lediglich einen dramatischen Konflikt. Sie entwickelt sich schlüssig und nachvollziehbar. Parallel- und Nebenhandlungen werden somit vermieden.

Die dargestellten Ereignisse dürfen dabei die Zeitspanne eines "Sonnenumlaufs" (unité de temps), sprich eines einzigen Tages, nicht überschreiten.

Aus der Einheit der Zeit leitete man später die Einheit des Ortes (unité de lieu) ab. Die Handlung spielt an einem einzigen Ort. Sie entspricht der Vorstellung eines festen Bühnenstandortes.

Die Wahrung von vraisemblance und bienséance

Die dargestellte Handlung einer klassischen Tragödie muss den Gesetzen der vraisemblance folgen. Das heißt, sie muss wahrscheinlich und glaubhaft, also wahr, sein und mit der Realität übereinstimmen und diese nachbilden.

Das Prinzip der bienséance beinhaltet die Forderung nach der Darstellung dessen, was vor allem die höfische Gesellschaft im 17. Jahrhundert als angemessen und schicklich empfand. Alles was als anstößig empfunden werden konnte, durfte auf der Bühne nicht gezeigt, sondern nur beschrieben werden. Mit diesem Prinzip einher geht oft das Bild des honnête homme. Dieser beherrscht die Kunst des "schicklichen" Umgangs in der Gesellschaft par excellence.

Auch die Sprache sollte dem als bon usagedem guten Gebrauch, dienen.

Konzeption eines offenen Dramas

Den Gegensatz zur geschlossenen Form des Dramas, bildet die offene Form.

Hier stehen die einzelnen Teile des Stückes in einem lockeren Zusammenhang, teilweise ohne zwingenden Entwicklungsverlauf, mit mehreren Handlungen gleichzeitig. Die strenge Abfolge von Akten und Szenen wird durchbrochen, die Handlung entwickelt sich fragmentarisch (bruchstückhaft) und wird nicht mehr von einer grundlegenden Figurenkonstellation oder Konfliktsituation getragen. Sie wirkt weitestgehend zerrissen und auch der Dramenausgang bleibt offen.

Die Zeiträume sind ausgedehnt und durch Zeitsprünge gekennzeichnet. Es existieren viele verschiedene Handlungsorte, die teilweise das Verhalten der Figuren determinieren.

Die Figuren und deren Charakter sind nur noch bedingt als kontinuierlich zu betrachten. Ihre Handlungsmotive und stilistischen Ausdrucksmittel können teilweise stark variieren. Es findet ein komplexes Zusammenspiel von Innen- und Außenwelt statt.

Beispiel

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Die prägnansteste Form des offenen Dramas bildet wohl das absurde Theater (théâtre de l'absurde). Einer seiner bekanntesten Vertreter ist Eugène Ionesco.

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