Beobachten und Beschreiben
Ein ausgewähltes Beispiel veranschaulicht folgende methodische Schritte:
- Wie ist eine Frage zu formulieren, damit sie durch Beobachtungen beantwortbar ist?
- Wie erfolgt die Operationalisierung dieser Frage?
- Was muss bei Detailplanung und praktischer Umsetzung des Beobachtungskonzepts beachtet werden?
- Wie erfolgt die Datenregistrierung?
- Wie gut sind die ermittelten Daten?
- Welche Aussagekraft besitzen sie?
Fledermaus & Nektar – eine verhaltensbiologische Studie
Johannes Thiele untersuchte im Rahmen seiner Doktorarbeit (2006) an der LMU in München die Nahrungssuchstrategien von Fledermäusen.
Die sogenannten Blumenfledermäuse ernähren sich vom Nektar bestimmter Pflanzen. Die Wechselbeziehung zwischen Fledermäusen und Pflanzen ist an der Herausbildung spezifischer morphologischer Kennzeichen erkennbar. So weisen die Fledermäuse eine besonders lange Zunge sowie einen verlängerten Vorderschädel auf. Die Pflanzen (unterschiedliche Arten) wiederum besitzen große, aber unscheinbare Blüten mit weit hervorstehenden Staubgefäßen und Stempel. In der Regel sind besagte Blüten nur nachts geöffnet, haben einen charakteristischen Duft und sind mit echoakustischen Eigenschaften ausgestattet (Fledermäuse „sehen" mit den Ohren).
Die Fledermäuse sind, um sich ausreichend versorgen zu können, auf verhältnismäßig große Nektarmengen angewiesen, während die Pflanzen einen „Bestäuber" benötigen. Das Anfliegen der Blüten kostet die Fledermaus viel Energie, weshalb angenommen wird, dass auf einem optimierten Suchverhalten ein hoher Selektionsdruck lastet. Besondere Verhaltensweisen können die Fitness des einzelnen Individuums erhöhen.
Hinweis
Im Rahmen der Dissertation wird Folgendes untersucht:
Nahrungssuchverhalten der Fledermäuse im Freilandversuch mit markierten Tieren. Blüten wurden durch Nektar spendende Automaten simuliert.
Fragestellung
Ausgehend von den Erkenntnissen über das Flugverhalten und die Flugenergetik der Fledermäuse im Freiland, war nun die Frage ob dies dem entspricht, was in Laborexperimenten bereits gemessen werden konnte ... Desweiteren wurde untersucht ob die Tiere besondere Strategien zeigen, um den Aufwand („Flugkosten") möglichst gering gegenüber dem Nutzen („Nektarertrag") zu halten.
Aufbau des Experiments
Schauplatz des Experiments ist ein mit künstlichen, zur Nektarsekretion befähigten Blüten präpariertes Feld. Diese verströmen einen Lockduft und spenden je nach Verhalten des zu beobachtenden Versuchstieres unterschiedlich viel Nektar (variable Belohnungsmenge!). Durch sich wiederholende Ausschüttungsprozesse wird gewährleistet, dass die Nektarmenge für eine ganze Experimentiernacht ausreicht. Indem markierte Fledermäuse und Blüten computertechnisch überwacht werden, erfasst ein Zähler diese Markierung, sodass sich eine Messreihe unter folgenden Gesichtspunkten ergibt: „Wann war welche Fledermaus an welcher Blüte und wie häufig?"
Während es das Untersuchungssystem erlaubt, die Versuchstiere ohne Beeinflussung in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten, ermöglicht die automatisch erfolgende Datenaufzeichnung dem Forscher, die schnellen und schwer zu beobachtenden Flugbewegungen der Fledermäuse zu dokumentieren.
Die Auswertung der Daten gibt evtl. Aufschluss über Verhaltensstrategien, die gewählt werden, um besonders effiziente Nahrungsversorgung zu betreiben. Obwohl die Aussagen, die aus den gewonnenen Messungen getroffen werden können, nicht eindeutig sind, stellt das Messsystem als solches bzw. der Versuchsaufbau ein gutes Beispiel für „beobachten und beschreiben" dar.
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