Die calvinistische Erwerbsethik
Arbeit als Selbstzweck des Lebens
Der Calvinismus hat nach dem deutschen Soziologen Max Weber (Protestantismusthese) großen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung in England, aber auch in Holland, der Schweiz und in einigen deutschen Gegenden genommen. Den calvinistischen Grundsätzen nach ist Zeitverschwendung eine der größten Sünden. Dementsprechend war auch zu langes Schlafen und alle Formen von Luxus sündhaft. Im Calvinismus dreht sich also alles um die Nützlichkeit des menschlichen Handelns - und damit auch um den wirtschaftlichen Erfolg. Der Calvinismus sieht also Arbeit als Selbstzweck des Lebens. Wirtschaftlicher Erfolg als Ergebnis von Fleiß gilt als Zeichen für den Gnadenstand. Das heißt, zu den Auserwählten zu gehören, die nach dem Tod in den Himmel kommen. Wichtig ist, dass man durch eine tugendhafte Lebensweise nicht beeinflussen kann, ob man in den Himmel oder in die Hölle kommt, denn das ist von vorneherein festgelegt. Es geht darum, für einen selbst Gewissheit für das Leben nach dem Tod zu erlangen.
Die Testakte
Im Jahr 1673 wurde in England ein Gesetz erlassen (Testakte genannt), dass sowohl den Katholiken als auch den calvinistischen Puritanern, Quäkern und Baptisten die Arbeit in Staatsämtern und im Parlament untersagte. Die Mitglieder der betroffenen Glaubensgruppen orientierten sich deshalb zunehmend in der privaten Wirtschaft. So kam es, dass im 18. Jahrhundert ca. 50% der englischen Kaufleute, Unternehmer und Erfinder Calvinisten waren, obwohl sie eine Minderheit in der englischen Bevölkerung darstellten.
Kapitalüberschuss
Es wird also davon ausgegangen, dass die spezielle Erwerbsethik des Calvinismus einen großen Teil zur Entwicklung der Industriellen Revolution beigetragen hat. Wirtschaftlicher Erfolg auf der einen Seite und das Verbot von Luxus auf der anderen Seite hatte zur Folge, das überschüssiges Geld vorhanden war. Dieses wurde oftmals in technische Entwicklungen und Maschinen investiert, was häufig den wirtschaftlichen Erfolg noch steigerte. Da die Calvinisten darüber hinaus der Auffassung waren, jedes Gemeindemitglied müsse Lesen und Schreiben können, floss auch eine Menge Kapital in das Bildungswesen.
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