Unterteilung der Kohlenhydrate und ihre Projektionen
Es gibt mehrere Kriterien zur Einteilung von Kohlenhydraten:
1. Nach der Größe von n gemäß der allgemeinen Formel:
$ C_{\color{Blue}n}(H_2O) _{\color{Blue}n}$
bzw.
$C_{\color{Blue}n}H_{2{\color{Blue}n}}O_{\color{Blue}n}$:
Abhängig von der Zahl der Kohlenstoffatome (n) werden die griechischen Vorsilben vergeben, die bereits u.a. von der Nomenklatur der Alkane bekannt sind. Jedoch sind n=1 und n=2 nur formal als Kohlenhydrate zu betrachten, n=3 wird statt mit Prop- mit Tri- bezeichnet und n=4 statt mit But- mit Tetr-:
n= | Vorsilbe |
3 | Tri- |
4 | Tetr- |
5 | Pent- |
6 | Hex- |
7 | Hept- |
8 | Oct- |
Die beiden Muttersubstanzen Glyzerinaldehyd und Dihydroxyaceton bekämen also die Vorsilbe Tri-!
links: Glyzerinaldehyd, rechts: Dihydroxyaceton, beide: n = 3 = Triosen
Schon die Tatsache, dass beide Muttersubstanzen die gleiche Vorsilbe erhalten macht deutlich, dass eine weitere Differenzierung notwendig ist, diese ist jedoch äußerst simpel: sie erfolgt nach der Abstammung von einer der beiden Muttersubstanzen.
Kohlenhydrate können sich auch untereinander verknüpfen, wie wir später sehen werden, ein einzelnes Kohlenhydrat-Molekül wird daher auch als Monosaccharid bezeichnet.
2. Nach der Verwandtschaft mit Glyzerinaldehyd oder Dihydroxyaceton:
Wie bereits erwähnt sind Kohlenhydrate entweder Polyhydroxyaldehyde oder –ketone, besitzen also entweder primäre oder sekundäre Carbonyl-Kohlenstoffatome.
Beispiel:
D-Glucose und D-Fructose: Aldohexose und Ketohexose
Kombiniert mit der Silbe für n ergeben sich bereits eindeutigere Namen: D-Glucose ist eine Aldohexose und D-Fructose eine Ketohexose.
3. Chiralität und optische Aktivität
Doch was bedeutet das „D“ vor Glucose? Erinnern wir uns an das Kapitel zur Stereochemie D kommt von dextro, dieses wiederum von lat. dexter: rechts und meint die Konfiguration an dem weitesten von der höchstoxidierten Gruppe des Moleküls entfernten chiralen Kohlenstoffatoms in der Fischer-Projektion. Im Falle von D also rechts, was der D-Glucose auch den Namen „Dextrose“ einbrachte.
D- und L-Glucose, grün markiert ist jeweils das letzte chirale und damit entscheidende Kohlenstoffatom, die Richtung der Carbonylgruppe wurde zwar auch rechts bzw. links gewählt, jedoch spielt das keine Rolle, da das Carbonyl-C sp²-hybridisiert ist, somit planar und völlig achiral.
Levo-linksständige Kohlenhydrate existieren also auch, spielen aber eine eher untergeordnete Rolle – fast ein gespiegeltes Verhältnis wenn man diesen Umstand mit den Aminosäuren vergleicht, welche in der der Natur fast ausschließlich in L-Form auftreten.
Gespiegelt ist ein gutes Stichwort: Die D&L-Formen verhalten sich wie Bild und Spiegelbild sind also Enantiomere.
Ist ein Molekül chiral, so vermag es die Polarisierungsebene des Lichtes zu drehen, es ist optisch aktiv. Dabei darf man rechtsdrehend NICHT mit D und linksdrehend nicht mit L gleichsetzten, stattdessen verwenden die meisten Autoren „(+)“ für rechts- (im Uhrzeigersinn und „(-)“ für linksdrehende Verbindungen.
Als spezifische Drehung $ \left [ {\alpha} \right ]$ von Kohlenhydratlösungen bezeichnet man den Drehwert $\alpha$ in Grad (°), welchen 1 g Kohlenhydrat in 1 ml Wasser in einem Rohr mit einer Länge von 10cm bewirkt. Da diese Eigenschaft auch von der Wellenlänge des verwendeten Lichtes und der Temperatur der Lösung abhängt, ist es nötig anzugeben, für welche Wellenlänge und Temperatur der Drehwert bestimmt wurde. Dies wird folgendermaßen ausgedrückt:
4. Ring-Ketten-Tautomerie
Wie wir bereits in der Einführung erfahren haben, sind Kohlenhydrat-Moleküle in der Lage sich zu einem Ring zu schließen. Diese Eigenschaft bezeichnet man als Ring-Ketten-Tautomerie (intramolekulare Umlagerung). Einige von ihnen, wie die Fructose, können dabei sowohl fünfeckige- („Furanose-Form“) als auch sechseckige Ringe („Pyranose-Form“) bilden. Da dabei jeder Ring auf zwei Arten zustande kommen kann, die sich in der Stellung einer OH-Gruppe unterscheiden, gibt es sogar fünf Formen, in denen Fructose auftreten kann! Diese allein in der D-Form, die L-Form hat entsprechend nochmal fünf – L-Fructose spielt für Lebewesen aber praktisch keine Rolle.
Die fünf Formen der D-Fructose
Der Mechanismus des Ringschlusses könnte einem bekannt vorkommen: es bildet sich nämlich nichts weiter als ein zyklisches Halbacetal!
Der Ringschluss erfolgt durch Halbacetalbildung, sowohl bei Furanose-, als auch bei Pyranose-Formen.
Der Ringschluss, der auch als Mutarotation bezeichnet wird, läuft daher über einen nucleophilen Angriff einer Hydroxygruppe:
Mutarotation
Abhängig davon, ob die angreifende Hydroxygruppe am 5. oder am 6. Kohlenstoffatom gebunden ist, entsteht entweder eine Pyranose oder eine Furanose.
Man kann sich weiter das Zustandekommen der beiden anomeren Formen $\alpha$ & $\beta$, sog. Konformere, an einem klassischen Gürtel veranschaulichen: Man kann das Ende des Gürtel „normal“, oder um 180° gedreht in, also „falsch herum“ in die Gürtelschlaufe stecken.
Die „Gürtelanalogie“: links: „normal“, rechts:„falsch herum“
Tut man es falsch herum (was wohl den wenigsten Menschen passiert) zeigt die Rückseite des Endes teilweise vom Körper weg, statt zu ihm hin. Bei den Kohlenhydraten gibt es aber kein richtig oder falsch herum, wenngleich bei manchen eine Form energetisch günstiger ist, als die andere. Es wurde rein willkürlich festgelegt, dass alpha=unten und beta=oben ist. Dazu zwei Tipps:
a) Für Leute, die sich besser Worte und Klänge merken können:
„Alphunten“ oder „Beethoven“
b) Für die, die sich Dinge besser in Bildern merken:
Für Pyranosen existieren zwei übliche Darstellungen, die sog. Haworth-Projektion und die Sesselprojektion. Erstere scheint übersichtlicher, letztere gibt das räumliche Verhältnis realistischer wieder, so dass die Wahl dem persönlichen Geschmack überlassen bleiben sollte:
Projektionsformen
Für Furanosen ist nur die Flache Haworth-Projektion üblich, die Namen Furanose und Pyranose wurden übrigens den beiden Verbindungen entlehnt, deren Strukturen dem jeweiligen Kohlenhydratring ähneln:
Furan und Pyran: Grundstrukturelemente der Furanosen bzw. Pyranosen
5. Glycosidische Bindung: Mono-, Di-, Oligo-, und Polysaccharide
Die Halbacetal-OH-Gruppen der Monosaccharide sind recht reaktiv, sie können z.B. mit den alkoholischen OH-Gruppen anderer Kohlenhydrate, oder mit deren Halbacetal-OH-Gruppen eine Bindung eingehen, die als gylcosidische Bindung bezeichnet wird.
Dabei wird je Bindung ein Molekül Wasser frei.
Beispielsweise können zwei Glucose-Moleküle auf diese Art miteinander reagieren und ein Disaccharid bilden. Abhängig davon, ob beide Halbacetal-OH-Gruppen, oder eine Halbacetal-OH-Gruppe und eine der alkoholischen OH-Gruppen die Verknüpfung bilden, unterscheidet man zwischen:
a) Maltose: Die beiden Monomere sind α-1→4-verbrückt:
Maltose
b) Cellobiose: Die beiden Monomere sind β-1→4-verbrückt:
Cellobiose
c) Gentiobiose: Sie besitzt eine β-1→6-Brücke
Gentiobiose
Wird $\alpha$-D-Glucose mit $\alpha$-D-Fructose verknüpft, so entsteht die Saccharose – gewöhnlicher Haushaltszucker, ob aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr:
Saccharose
Auch der Milchzucker, die Lactose, ist ein Disaccharid, in diesem Fall aus D-Galactose und D-Glucose:
Galactose
Verbinden sich zwischen 2 und 10 Monosaccharide miteinander, so bilden sich Oligosaccharide (gr.: oligos – wenig), was aber je nach Autor variieren kann – streng genommen sind so alle Disaccharide auch Oligosaccharide.
Die Raffinose, wie sie in Rübenmelasse vorkommt, ist ein Trisaccharid und damit auch ein Oligosaccharid
Kommen noch mehr Einheiten (>10) zusammen, so bilden sich Polysaccharide, wie das Glykogen der Leber:
Glykogen oder „tierische Stärke“ besitzt häufig Seitenketten, ähnlich einem Elastomer
die Amylose (allgemein als Stärke bezeichnet, von lat. Amylum)
Amylose ist „die Stärke“ und besteht aus sehr vielen Monomeren, sie ist das Speicherkohlenhydrat der Pflanzen – so wie das Glykogen für die Tiere – einige Sorten, wie die Kartoffelstärke besitzen ebenfalls Seitengruppen.
oder die Cellulose:
Cellulose, Gerüstsubstanz des Pflanzenreiches, n liegt oft zwischen 500 und 5000
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