Anwendung: Nutzung der Kernenergie
Der bei Kernen bestehende Massendefekt ist, wie wir zuvor gesehen haben, auf eine Bindungsenergie zurückzuführen. Diese Energie kann im Prinzip bei bestimmten Reaktionen freigesetzt werden, woraus sich Möglichkeiten zur Energieegewinnung ergeben.
Bindungsenergie pro Nukleon
Wir haben gesehen, wie man die Bindungsenergie eines Kerns aus seinem Massendefekt berechnen kann. Diese Energie ist gleichmässig auf jedes der Nukleonen verteilt, so dass es sinnvoll ist, die Bindungsenergie pro Nukleon zu betrachten.
Ist also $A$ die Massenzahl und $E_B$ die Bindungsenergie eines Kerns, so ergibt sich die Bindungsenergie pro Nukleon als Quotient
$\frac{E_B}{A}$
Merke
Je stärker das Nukleon an den Kern gebunden ist, desto größer ist auch die Bindungsenergie pro Nukleon.
Damit lassen sich die Bindungsenergien pro Nukleon von Kernen verschiedener Massenzahlen miteinander vergleichen.
Diagramm- Bindungsenergie pro Nukleon
Zum Vergleich tragen wir $\frac{E_B}{A}$ in Abhängigkeit von der Massenzahl $A$ auf. Es ergibt sich folgendes charakteristisches Bild.
Interpretation und Schlussfolgerung
Was man am Diagramm deutlich beobachtet, ist, dass die Bindungsenergie pro Nukleon bei Kernen der Massenzahl $A\sim 60$ am größten (ca. 8,5 MeV) ist. Bei kleineren und größeren Massenzahlen nimmt $E_B/A$ zu beiden Seiten hin ab.
Ursachen für den Verlauf der Kernbindungsenergie
- Die Bindungsenergie pro Nukleon bei leichteren Kernen (A<60) nimmt mit der Nukleonenzahl zu, was mit der pro Nukleon ansteigenden (sehr kurzreichweitigen) Kernkraft zusammenhängt.
- Die anziehende Kernkraft dominiert über die abstoßenden Coulomb-Kräfte zwischen den Protonen und erreicht bei der Massenzahl A=60 ein Maximum.
- Bei größeren Kernen (A>60) bzw. Entfernungen nimmt die Stärke der Kernkraft exponentiell ab. Das bedeutet, dass die äußeren Nukleonen schwerer Kerne schwächer gebunden sind. Die Coulomb-Kräfte zwischen den Protonen verstärken diesen Effekt der schwachen Bindung an den Kern.
Möglichkeiten der Energiegewinnung
Wir wissen aus vorherigen Überlegungen, dass Bindungsenergie prinzipiell als Energie freigesetzt werden kann.
- Fusioniert man also leichte Kerne zu schwereren Kernen, so steigt laut Diagramm die Bindungsenergie pro Nukleon. Das bedeutet gleichzeitig, dass ein höherer Massendefekt entsteht und entsprechend Energie freigesetzt bzw. gewonnen wird (Energie-Masse-Äquivalenz!).
- Spaltet man schwere Kernen in leichtere Kerne, so steigt auch hier die Bindungsenergie pro Nukleon. Auch dies ist natürlich mit einer entsprechenden Energiefreisetzung bzw. Energiegewinnung verbunden.
Methode
Um sich das nochmal klar zu machen:
Steigende Bindungsenergie (pro Nukleon)
----> größerer Massendefekt
----> Energie wird freigesetzt
(vgl. Massendefekt von Kernen)
Merke
Die beiden möglichen Methoden, um aus Kernen Energie zu gewinnen, sind also
- Kernfusion
- Kernspaltung
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