Herleitung der Compton-Formel
Nach der klassischen Wellentheorie des Lichts würde man eine Verkleinerung der Amplitude der (Licht-)Welle als Folge eines Energieverlustes und nicht eine Wellenlängenänderung erwarten. Ein Ausweg aus dem Problem ergibt sich wie folgt: Elektromagnetische Strahlung bestehe aus Teilchen (Photonen). Diese Photonen treffen auf die Elektronen und werden dabei gestreut.
Betrachten wir nun die Streuung eines Photons $\gamma$ mit dem Impuls $\hbar\vec{k}$ an einem freien, nahezu ruhenden Elektron $e^{-}$ (Impuls also $\vec{p}_e=\vec{0}$). Nach dem Stoß habe das gestreute Photon $\gamma^{'}$ den Impuls $\hbar{\vec{k}^{'}}$ und das Elektron den Impuls $\vec{p^{'}_e}$.
Dieser Prozess ist in der Abbildung dargestellt.
Comptonstreuung- Mathematische Herleitung (nicht prüfungsrelevanter Teil)
Wir wollen nun versuchen, für die von Compton beobachtete Veränderung der Wellenlänge des Lichts eine Formel herzuleiten. Die Herleitung ist eigentlich nicht prüfungsrelevant, aber wir geben sie der Vollständigkeit der Physik wegen an.
Eine sinnvolle Methode zur Herleitung in diesem Fall besteht darin, gültige Erhaltungssätze auszunutzen. Wegen der Gültigkeit des Energie- und Impulserhaltungssatzes kann man wie folgt vorgehen: Man stellt zunächst die Energien und Impulse der beteiligten Teilchen vor und nach dem Stoß auf.
Photon | Elektron | |
vor dem Stoß | $E_{\gamma}=\hbar \omega$, $\vec{p}_{\gamma}=\hbar\vec{k}$ | $E_{e}=m_ec^2$, $\vec{p}_e=\vec{0}$ |
nach dem Stoß | $E_{\gamma^{'}}=\hbar\omega^{'}$, $\vec{p}_{\gamma^{'}}=\hbar\vec{k}^{'}$ | $E^{'}_{e}=\sqrt{(m_e)^2c^4+c^2(\vec{p^{'}_e})^2}$, $\vec{p^{'}_e}$ |
Methode
Da man hier relativistisch rechnen muss, benutzen wir die (bekannten) relativistischen Formeln (siehe Kap. Relativitätstheorie bzw. physikalische Formelsammlung). Dabei bezeichnet $\hbar=\frac{h}{2\pi}$ das Plancksche Wirkungsquantum, $c$ die Lichtgeschwindigkeit und $m_e$ die Ruhemasse des Elektrons.
Aus den genannten Erhaltungssätzen folgen die beiden Gleichungen
$E_{\gamma}+E_{e}=E_{\gamma^{'}}+E^{'}_{e}$ (Energieerhaltung),
$\vec{p}_{\gamma}+\vec{0}=\vec{p}_{\gamma^{'}}+\vec{p^{'}_{e}}$ (Impulserhaltung)
Durch Umformung der zweiten Gleichung erhält man unter Berücksichtigung der Formel $\vec{a}\vec{b}=\vert \vec{a}\vert \vert \vec{b}\vert\cos{\Theta}$ für das Skalarprodukt beliebiger Vektoren mit eingeschlossenem Winkel $\Theta$ folgende Herleitung
$\vec{p}_{\gamma}-\vec{p}_{\gamma^{'}}=\vec{p^{'}_{e}}\quad \Rightarrow (\vec{p}_{\gamma}-\vec{p}_{\gamma^{'}})^2=\vec{p}^2_{\gamma}-2\vert \vec{p}_{\gamma}\vert \vert\vec{p}_{\gamma^{'}}\vert\cos\Theta+\vec{p}^2_{\gamma^{'}}=\vec{p^{'}_{e}}^2$,
wobei man nun die Energie-Impuls-Relation $E=\vert\vec{p}\vert c$ für Photonen und die in der Tabelle aufgeführte Formel $E^{'}_{e}=\sqrt{m_{e}^2c^4+c^2\vec{p^{'}_{e}}^2}$ für das Elektron benutzen kann. Setzt man diese Formeln in die obige Gleichung ein, so folgt weiter
$\bigl(\frac{E_{\gamma}}{c}\bigr)^2-2\frac{E_{\gamma}E_{\gamma^{'}}}{c^2}\cos\Theta+\bigl(\frac{E_{\gamma^{'}}}{c}\bigr)^2=\frac{E^{'2}_e-m_e^2c^4}{c^2}=\frac{(E_{\gamma}-E_{\gamma^{'}}+E_e)^2}{c^2}-m_e^2c^2$;
die rechte Seite der Gleichung erhält man durch Umformung der Gleichung für Energieerhaltung nach $E^{'}_e$. Über eine Anwendung des Binomischen Lehrsatzes auf der rechten Seite erhält man
$\bigl(\frac{E_{\gamma}}{c}\bigr)^2-2\frac{E_{\gamma}E_{\gamma^{'}}}{c^2}\cos\Theta+\bigl(\frac{E_{\gamma^{'}}}{c}\bigr)^2=$$\frac{(E_{\gamma}-E_{\gamma^{'}})^2}{c^2}+\frac{2}{c^2}(E_{\gamma}-E_{\gamma^{'}})E_e+\underbrace{\frac{E_e^2}{c^2}-m_e^2c^2}_{0}$
$\bigl(\frac{E_{\gamma}}{c}\bigr)^2-2\frac{E_{\gamma}E_{\gamma^{'}}}{c^2}\cos\Theta+\bigl(\frac{E_{\gamma^{'}}}{c}\bigr)^2=$ $\bigl(\frac{E_{\gamma}}{c}\bigr)^2-2\frac{E_{\gamma}E_{\gamma^{'}}}{c^2}+\bigl(\frac{E_{\gamma^{'}}}{c}\bigr)^2+\frac{2}{c^2}(E_{\gamma}-E_{\gamma^{'}})E_e$Subtrahiert man in dieser letzten Gleichung alle identischen Terme und führt eine Umformung durch, so bleibt
$\Rightarrow 2\frac{E_{\gamma}E_{\gamma^{'}}}{c^2}(1-\cos\Theta)=\frac{2}{c^2}(E_{\gamma}-E_{\gamma^{'}})E_e$.
Nun dividiert man auf beiden Seiten der Gleichung durch $\frac{2}{c^2}E_{\gamma}E_{\gamma^{'}}$ und benutzt $E_e=m_ec^2$ (siehe obige Tabelle). Dies ergibt dann
$(1-\cos\Theta)=\Bigl(\frac{1}{E_{\gamma^{'}}}-\frac{1}{E_{\gamma}}\Bigr)m_ec^2$.
Nun besteht zwischen der Energie $E_{\gamma}$ eines Photons und der Wellenlänge $\lambda$ die Beziehung
$E_{\gamma}=\hbar c\frac{2\pi}{\lambda}=\frac{hc}{\lambda}$.
Diese Beziehung setzen wir nun in den Ausdruck für $(1-\cos\Theta)$ ein
$(1-\cos\Theta)=\frac{m_ec}{h}(\lambda^{'}-\lambda)\quad \Rightarrow \Delta\lambda:=\lambda^{'}-\lambda=\frac{h}{m_ec}(1-\cos\Theta)$.
Compton-Formel
Dieses Endergebnis solltest Du als Abiturient jedoch kennen. Vor allem sollte man erkennen, dass die Wellenlänge des Lichts bei der Streuung zunehmen kann ("Rotverschiebung") und dies äquivalent ist mit einer Abnahme der Energie des Lichts. Berücksichtige bei dem gerade geführten Gedankengang die Formel $E=h\cdot f=h\cdot \frac{c}{\lambda}$ und die unten stehende Formel.
Merke
Die Veränderung $\Delta\lambda$ der Wellenlänge beim Compton-Effekt genügt der Formel
$\Delta\lambda=\lambda^{'}-\lambda=\frac{h}{m_ec}(1-\cos\Theta)$
und ist daher lediglich vom Streuwinkel $\Theta$ abhängig; der Faktor vor der Klammer ist eine Konstante und heißt Compton-Wellenlänge $\lambda_c$
$\lambda_c=\frac{h}{m_ec}$.
Diese Aussage ist in Übereinstimmung mit den experimentellen Ergebnissen. Insbesondere ist die Wellenlängenänderung unabhängig vom Streumaterial.
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