Entnazifizierung und Demokratisierung
Ein wichtiger Punkt des Potsdamer Abkommens war die Demokratisierung der Deutschen durch die Entnazifizierung. Etwa 8,5 Millionen Deutsche waren Mitglied in der NSDAP, wodurch sie nach Beschluss der Alliierten entnazifiziert werden mussten. Im Januar 1946 erließ der Kontrollrat eine erste Direktive zur Entnazifizierung. Im Oktober 1946 wurden Richtlinien veröffentlicht, wie mit den aktiven Nationalsozialisten, Helfern und Nutznießern umzugehen sei.
Hinweis
Dazu wurden fünf Gruppen gebildet.
1. Hauptschuldige (Aktivisten, Militaristen und Nutznießer)
2. Minderbelastete (Bewährungsgruppe)
3. Mitläufer
4. Entlastete
5. Belastete
Die Entnazifizierung sollte einheitlich geregelt werden, jedoch war sie bereits in jeder Besatzungszone auf unterschiedliche Weise im Gang. Die Amerikaner verfolgten eher einen moralisch-bürokratischen Rigorismus. Die Franzosen und Briten tauschten vornehmlich die Nazi-Eliten aus und folgten eher einem politischen und administrativen Vorgehen. Sie passten sich jedoch dann der amerikanischen Vorgehensweise an. Die Sowjets setzen auf eine rigorose Entnazifizierung mit Hilfe eines Kataloges.
Beispiel
In der sowjetischen Besatzungszone wurde die Entnazifizierung am konsequentesten durchgeführt. Alle ehemaligen NSDAP-Mitglieder wurden aus wichtigen Ämtern entfernt. Es wurde außerdem ein Katalog mit Sühnemaßnahmen verfasst, der folgendes beinhaltete:
1. Entlassung aus allen wichtigen Ämtern und Tätigkeiten, die öffentliches Vertrauen bedürfen
2. Zusätzliche Arbeits-, Sach- und Dienstleistungen
3. Kürzungen bei der Versorgung und den Versorgungsbezügen
4. Keine politischen Rechte
In der amerikanischen Besatzungszone wurde ein Fragebogen genutzt, um die Entnazifizierung voranzutreiben. Dieser umfasste 131 Fragen und sollte wahrheitsgetreu ausgefüllt werden. Dabei waren die 54 Fragen zur Mitgliedschaft in allen nationalsozialistischen Organisationen von zentraler Bedeutung. Bereits im Dezember 1945 waren 900.000 Fragebögen bei der amerikanischen Militärregierung eingegangen und führten zu 140.000 Entlassungen. Innerhalb der deutschen Bevölkerung gab es wenig Verständnis für die Entnazifizierung, wie sie im amerikanischen Sektor geschah. Weiterhin führte die rigorose Entnazifizierung zu einem Personalmangel in der Verwaltung und auch die Kapazitäten der Internierungslager waren erschöpft. Dieses führte zu einem Kurswechsel bei der Entnazifizierung; es wurde weniger rigoros gehandelt und die Kategorien für Schuldige oder Mitläufer wurden freier gefasst. Spätestens ab 1948 war der Rigorismus verschwunden und es kam zu Schnellverfahren, wodurch einige durch den Nationalsozialismus belastete Personen davon kamen. Insgesamt wurde in allen Besatzungszonen Rücksicht auf Fachleute genommen, die für die Wirtschaft und den Wiederaufbau unerlässlich waren.
Merke
Die Entnazifizierung wurde in jeder Besatzungszone anders geregelt. Dabei war sie in der sowjetischen Zone am strengsten. In den Westdeutschen Besatzungszonen setzte man ab 1948 auf eine schnelle und unbürokratische Entnazifizierung, wodruch es zu vielen Schnellverfahren kam. Die Beschuldigten wurden in fünf Gruppen eingeteilt: Hauptschuldige, Minderbelastete, Mitläufer, Entlastete, Belastete.
Die „Umerziehung“ ("Re-education") der Deutschen war ein Anliegen der Alliierten, jedoch stieß dies auf eine breite Ablehnung innerhalb der deutschen Gesellschaft. Die Deutschen fanden den wirtschaftlichen Aufbau und die Sicherstellung der Versorgung wichtiger als den kulturellen und bildungspolitischen Aufbau. Außerdem saß „die Niederlage“ tief im moralischen Bewusstsein und die Bevölkerung wollte sich nicht durch die Alliierten erziehen lassen.
Nach Kriegsende wurden alle Schulen geschlossen. Vor ihrer Wiedereröffnung sollten die Lehrpläne, die Lehrmittel und auch die Lehrer entnazifiziert werden. Dieses war in der Realität nicht durchführbar, da die meisten Lehrer Teil der NSDAP waren. Trotz des Einsatzes von Schulhelfern wäre ohne die belasteten Lehrer kein Unterricht möglich gewesen. Die Reformen wurden auf spätere Jahre verschoben, jedoch fielen sie in jeder Besatzungszone unterschiedlich aus und hatten nur indirekte Auswirkungen auf die Schulsysteme der BRD und DDR.
In allen Kinos der vier Besatzungszonen, wurden Filme aus den Produktionen der Alliierten gezeigt und vor allem die Wochenschau diente der Durchsetzung der pädagogischen Absichten der Alliierten. Es gründete sich der Kulturbund, die erste Organisation dieser Art nach Kriegsende, der sich durch die Kultur für die demokratische Erneuerung Deutschlands einsetzen wollte.
Wichtigster Bestandteil der Demokratisierung war die Wiedereinführung eines Presse- und Rundfunkwesens. Dabei sollten keine durch den Nationalsozialismus belasteten Personen Lizenzen für Zeitungen oder Radiosender bekommen. Die gesamte Umstellung des Pressewesens geschah in drei Phasen. Zuerst sollte die vorhandene Presse verboten werden und dann durch alliierte Presse ersetzt werden. Nach diesem Verfahren wurden die Lizenzen für neue Presse vergeben. In der US-amerikanischen Besatzungszone gab es Mitte 1945 bereits 35 neue Zeitungen, von 1945 bis 1949 erteilten die Franzosen in ihrer Zone die Erlaubnis für 33 neue Zeitungen, ab Anfang 1946 erteilten die Briten bis 1949 61 Lizenzen. War in den Zonen der Westalliierten anfangs keine Unterscheidung zwischen den verschiedenen politischen Richtungen gemacht worden, sondern auf eine Mischung bei den Lizenzen geachtet worden, wurde von Beginn an in der Besatzungszone der Sowjetunion die KPD und später die SED bevorzugt. Erst im Zuge des beginnenden Kalten Krieges wurden Kommunisten aus den Herausgebergremien in der Westzone entfernt.
Beispiel
Die erste Lizenz der amerikanischen Militärverwaltung wurde am 1. August 1945 an die "Frankfurter Rundschau" vergeben.
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