Mehrwertige Carbonsäuren
Alkansäuren, welche mehr als nur eine Carboxygruppe aufweisen, werden als mehrwertige Carbonsäuren bezeichnet. Sie lassen sich beispielsweise durch die Oxidation zweiwertiger (primärer!) Alkohole herstellen. Aber auch in der Natur kommen viele von ihnen vor, hier eine kleine Sammlung der unteren Glieder der homolgen Reihe der Dicarbonsäuren. Zunächst die einfachste, die Oxalsäure,
Oxalsäure
welche den systematischen Namen Ethandisäure trägt – sie besteht eigentlich nur aus zwei aneinandergebunden Carboxygruppen. Entsprechend polar ist ihr Lösungsverhalten, so löst sie sich in Wasser und Ethanol noch recht gut, in Diethylether oder Benzin hingegen gar nicht. Technisch wird außer ihrer Säurewirkung (pKS1 = 1,23) gerne ihr ausgeprägtes Vermögen zur Reduktion anderer Verbindungen genutzt, etwa als Korrosionsschutz. Dem zugrunde liegt folgendes Redoxsystem ihres Doppelanions:
Reduktives Verhalten des Oxalat-Ions
Oxalsäure zählt zu den verbreitetsten Pflanzensäuren und findet sich vor allem im Sauerklee (Oxalis acetosella) als saures Kaliumsalz (daher der Name Oxalsäure), im Sauerampfer und im Rhabarber.
Sauerklee (Oxalis acetosella)
Das Blut und der Harn der Tiere und des Menschen enthalten stets kleine Mengen Oxalsäure, die im Stoffwechsel aus Glycin, Ascorbinsäure (Vitamin C) oder aus Xylit entsteht. Sie wirkt ätzend auf Augen, Haut und Schleimhäute. Auch innerlich aufgenommen ist sie nicht so harmlos, wie die Ethan„mono“säure, die Essigsäure: Eine gefährliche Menge liegt bereits bei 1–5 g, Todesfälle sind bereits bei 5–15 g aufgetreten. Oxalsäure fällt die Calcium-Ionen im Körper in Form von Calciumoxalat aus, welches praktisch unlöslich ist. Dabei kommt es wahrscheinlich in der Niere zu einer Verstopfung der Nierenkanälchen mit Anurie oder Oligurie als Folge. Der Körper kann also im schlimmsten Fall keinen Harn mehr bilden. Mehr als die Hälfte aller Harnsteine bestehen aus Calciumoxalat. Die Herstellung erfolgt heutzutage durch Erhitzen von Natriumformiat auf ~360 °C:
Synthese von Oxalsäure aus Natriumformiat
Die Malonsäure, systematisch Propandisäure,
Malonsäure
besitzt bei Zimmertemperatur das Erscheinungsbild von farblosen, stark ätzenden Kristallen, die bei 135 °C schmelzen und bei etwas höherer Temperatur in Essigsäure und CO2 zerfallen:
Malonsäure zerfällt beim Erhitzen (Δ) in Essigsäure und Kohlenstoffdioxid.
Malonsäure löst sich sehr leicht in Wasser, gut in Alkohol und Ether, aber nicht in polaren Lösungsmitteln. In wässriger Lösung findet obige Zersetzungsreaktion bereits bei 70 °C statt. Natürlicherweise kommt sie z.B. im Zuckerrübensaft vor, ist jedoch im Pflanzenreich wesentlich seltener als die Oxalsäure, besitzt aber auch nur ca. 1/5 deren Giftigkeit für den Menschen. Sie entsteht unter anderem bei der Oxidation von Apfelsäure und verdankt diesem Umstand auch ihren Namen: lateinisch: malum = Apfel. Ihre Salze und Ester heißen Malonate, Letztere finden in der Synthese von Barbitursäure, z.B. für Narkosemittel, Verwendung.
Die nächste Verbindung in der homologen Reihe der Dicarbonsäuren beinhaltet 4 Kohlenstoffatome und ist daher als Abkömmling des Butans bzw. dessen doppelt primären Alkohols, des 1,4-Butandiols, zu betrachten. Der systematische Name Butandisäure ist jedoch wesentlich unbekannter als ihr Trivialname: Bernsteinsäure.
Bernsteinsäure
Auch sie erscheint als farblose, stark sauer schmeckende Kristalle, die wiederum bei höherer Temperatur schmelzen als die Propandisäure, nämlich erst bei ca. 186 °C. Sie löst sich im Gegensatz zu dieser nur noch in siedendem Wasser sehr gut, dafür aber besser in Alkoholen und Aceton, (noch) nicht dagegen in Benzin und anderen unpolaren Lösungsmitteln. Ihre Salze und Ester heißen Succinate, sie kommt als Stoffwechselprodukt innerhalb des Citrat-Zyklus in vielen Früchten und Gemüsen vor. Ihren Namen verdankt sie aber tatsächlich dem Bernstein, aus dem sie bereits 1546 von Agricola durch trockene Destillation isoliert wurde. Die Kalium-, Calcium- und Magnesium-Salze der Bernsteinsäure werden als Kochsalz-Ersatz für diätetische Lebensmittel verwendet.
Eine weitere wichtige Dicarbonsäure ist die in Wasser schlecht lösliche Adipinsäure (Hexandisäure):
Adipinsäure
Sie wird hauptsächlich zur Herstellung von Kunststoffen verwendet, weshalb wir sie dort näher kennenlernen werden.
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