Lorentz-Transformationen
Mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnis über die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit können wir nun versuchen, das relativistische Analogon zu den sogenannten Galilei-Transformationen der klassischen Physik zu finden.
Es bewege sich dazu das System $S^{'}$ mit der konstanten Geschwindigkeit $v$ in positive $x$-Richtung relativ zum System $S$. Für die anderen beiden Koordinaten gelte zur Vereinfachung der Herleitung
$y^{'}=y, \quad z^{'}=z$.
Es soll nun die Transformationsformel für $x^{'}$ im Inertialsystem $S^{'}$ gefunden werden. Zu beachten sind dabei gewisse Bedingungen, welche die möglichen mathematischen Formen für eine solche Transformation einschränken. Folgende Bedingungen könnten wir formulieren:
- Linearität der Transformation (d.h., dass $x^{'}$ als Linearkombination von den Variablen $x$ und $t$ darstellbar ist)
- Gültigkeit der Galiliei-Transformationen nur bei kleinen Geschwindigkeiten $v$ im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit $c$ ($v\ll c$)
Wir machen daher den folgenden Ansatz, der bis auf einen Faktor $\gamma$ einer Galiliei-Transformation ähnelt
$x^{'}=\gamma(x-vt)$,
$x$ und $t$ bezeichnen hier natürlich Ort und Zeit im System $S$. Entsprechend sind $x^{'}$ und $t^{'}$ Orts- und Zeitkoordinaten im System $S^{'}$.
Wegen des Relativitätsprinzips sind beide Inertialsysteme gleichberechtigt und man kann die obige Transformationsformel für das System $S$ auf äquivalente Weise formulieren, wobei man das Vorzeichen von $v$ umkehren muss. Man erhält
$x=\gamma(x^{'}+vt^{'})$.
Wir setzen nun die erste Gleichung in die zweite Gleichung ein und erhalten
$x=\gamma(x^{'}+vt^{'})=\gamma[\gamma(x-vt)+vt^{'}]=\gamma^2(x-vt)+\gamma vt^{'}$
$\Rightarrow (1-\gamma^2)x+\gamma^2vt=\gamma vt^{'}$,
woraus durch Division beider Seiten durch $\gamma v$
$\Rightarrow \frac{1-\gamma^2}{\gamma}\frac{x}{v}+\gamma t=t^{'}$
folgt. Damit erhalten wir auch die Transformationsformel für die Zeitkoordinate $t^{'}$ im System $S^{'}$.
Gehen wir nun dazu über, den Faktor $\gamma$ explizit zu bestimmen.
Bestimmung des relativistischen Faktors $\gamma$
Methode
Aus der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in den beiden Systemen $S$ und $S^{'}$ folgt für die Bewegung des Lichts
$ct=x, \quad ct^{'}=x^{'}$.
Dies führt zur Gleichung bzw. Äquivalenz
$\frac{x}{t}=\frac{x^{'}}{t^{'}} \Leftrightarrow \frac{x^{'}}{x}=\frac{t^{'}}{t}$
für das Licht. Setzen wir nun die obige Formel für $x^{'}$ ein, so resultiert
$\frac{x^{'}}{x}=\frac{\gamma(x-vt)}{x}=\gamma(1-\frac{v}{c})$
$\Rightarrow \frac{t^{'}}{t}=\gamma(1-\frac{v}{c})$.
Wir nehmen nun die obige Transformationsformel für die Zeitkoordinate $t^{'}$ und dividieren auf beiden Seiten durch $t$.
$\frac{1-\gamma^2}{\gamma}\frac{x}{vt}+\gamma=\frac{t^{'}}{t}$
Da man sich auf die Fortpflanzung von Licht konzentriert, gilt entsprechend den vorigen Überlegungen
$\frac{1-\gamma^2}{\gamma}\frac{c}{v}+\gamma=\gamma(1-\frac{v}{c})$,
woraus man durch algebraische Umformungen weiter folgendes bekommt
$\Rightarrow \frac{1-\gamma^2}{\gamma}\frac{c}{v}=-\gamma\frac{v}{c}$
$\Rightarrow \gamma^2-1=\gamma^2\frac{v^2}{c^2}$
$\Rightarrow \gamma^2(1-(\frac{v}{c})^2)=1$.
Man zieht nun die Quadratwurzel und nimmt die positive Wurzel.
$\gamma=\frac{1}{\sqrt{1-(\frac{v}{c})^2}}$
Offensichtlich ist der Faktor $\gamma$ von der Relativgeschwindigkeit $v$ abhängig. Für hinreichend kleine Geschwindigkeiten ($v\ll c$) ist $\gamma$ ungefähr gleich Eins und die Transformationsformeln gehen in die Galileische Form über.
Macht man sich nun die Mühe und setzt die abgleitete Formel für den Faktor $\gamma$ in die weiter oben angegebene Transformationsformel für die Zeit $t^{'}$ im System $S^{'}$ ein, so gewinnt man nach einigen algebraischen Umformungen (die Du als Übung durchführen kannst) den Ausdruck
$t^{'}=\frac{1}{\sqrt{1-(\frac{v}{c})^2}}(t-\frac{v}{c^2}x)$.
Wir formulieren nun den Merksatz über die neuen relativistischen Transformationen.
Lorentz-Transformationen
Merke
Bewegt sich das Inertialsystem $S^{'}$ mit der konstanten Geschwindigkeit $v$ in positive $x$-Richtung relativ zum Inertialsystem $S$ mit der Voraussetzung, dass die anderen beiden Koordinatenachsen übereinstimmen
$y^{'}=y,\quad z^{'}=z$,
so lauten die Transformationsformeln für Ort-und Zeitkoordinaten beim Übergang $S\to S^{'}$:
$x^{'}=\frac{1}{\sqrt{1-(\frac{v}{c})^2}}(x-vt)$
$t^{'}=\frac{1}{\sqrt{1-(\frac{v}{c})^2}}(t-\frac{v}{c^2}x)$
Wegen des Relativitätsprinzips lassen sich auch die Formeln für den umgekehrten Übergang leicht bestimmen, wobei man das Vorzeichen von $v$ umkehren muss. Für den Übergang $S^{'}\to S$ gilt:
$x=\frac{1}{\sqrt{1-(\frac{v}{c})^2}}(x^{'}+vt^{'})$
$t=\frac{1}{\sqrt{1-(\frac{v}{c})^2}}(t^{'}+\frac{v}{c^2}x^{'})$
Man bezeichnet diese neuen relativistischen Transformationen als Lorentz-Transformationen.
Diese sogenannten Raum-Zeit-Transformationen geben Anlass von einer Raum-Zeit zu sprechen. Die hier und im Abschnitt zur Zeitdilatation vermittelten Aspekte zeigen sich nicht nur auf der Erde, sondern insbesondere in Phänomenen, die sich im Universum abspielen.
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